Analog oder Digital?

Auch der Betriebsfunk unterliegt der Digitalisierung und erfährt einen Modernisierungsschub. Um eines vorweg zu nehmen und ein Vorurteil ab zu räumen: Digitale Funkgeräte sind genauso unabhängig von externen Diensten oder Netzbetreibern wie der bisherige analoge Betriebsfunk. Funkgeräte und Infrastrukturausstattungen welche sie erwerben sind Ihr Eigentum. Doch wo genau liegen die Unterschiede?

Analoge und digitale Frequenzen

Die digitale Dividende hat bislang keine Auswirkungen auf den Betriebsfunk. Sie beschreibt die veränderte Aufteilung des Frequenzspektrums oberhalb von 690MHz. In den für den Betriebsfunk vorgesehenen Frequenzbändern 68-87,5MHz / 146-174MHz / 410-470MHz herrscht aber ein ähnliches Problem wie bei der Ursache der digitalen Dividende: Immer mehr Betriebsfunkanwendungen fordern Bandbreite, welche aber nur im begrenzten Umfang zur Verfügung steht.

Im Bisherigen analogen Betriebsfunk waren die Frequenzbänder aufgeteilt in Kanäle mit jeweils 20 oder 25kHz Breite, womit auf 1MHz Frequenzspektrum entweder 50 Kanäle zu 20kHz oder 40 Kanäle zu 25kHz Breite ihren Platz fanden. Gerade in Großstädten und Ballungszentren kam das System bereits ab dem Jahr 2000 an seine Grenzen. Ein Problem welches weltweit ähnlich vorherrschte. Die Lösung: Schmalere Kanäle und somit mehr Kanäle für unterschiedliche Betriebsfunknetze. Ebenso wie im Flugfunk, wo von 118-137MHz bisher 760 Kanäle im 25kHz-Raster über Jahrzehnte reichte, sorgt nun das 8,33kHz-Raster für insgesamt 2280 Kanäle in selben Frequenzbereich. Damit war der Flugfunk ein Vorreiter für alle übrigen Sprechfunkanwendungen.

Bisherige Frequenzzuweisungen für 20kHz breite Kanäle sind heute auslaufend und können nicht mehr für jeden Anwender verlängert werden. Neue Frequenzen werden ab 2022 nur noch im 12,5kHz oder 6,25kHz-Raster vergeben.

Gibt es nur noch Digitalfunk?

In Deutschland frequenzmäßig definitiv nicht! Die Bundesnetzagentur ist bestrebt allen drei Technologien (Analog, TDMA und FDMA) weiterhin Frequenzen an zu bieten.

Der analoge Betriebsfunk bekommt somit weiterhin analoge Frequenzen zugewiesen, allerdings nur noch mit 12,5kHz Bandbreite und einem Offset von 6,25kHz. Es können zukünftig also nur noch analoge Funkgeräte eingesetzt werden, welche in 6,25kHz-Schritten programmierbar sind. Dieses können die meisten Betriebsfunkgeräte ab Baujahr 2000. Für ganz alte Geräte wie die MC-Micro, Ascom SE540 oder T8000-Serie ist ein Umbau jedoch nicht mehr möglich.

Bei neu zu beschaffenden Betriebsfunkgeräten sieht es anders aus. Reine analoge Funkgeräte werden nur noch in sehr wenigen Serien gefertigt. Der Hersteller Icom bietet noch solche Modelle. Lohnen wird sich eine Investition für solche analogen Funkgeräte aber nur noch in Sonderfällen. Denn die weitere Produktion sowie auch die Ersatzteilversorgung sind heute bereits sehr unsicher. Bis auf ganz spezielle Ausnahmen jedoch können fast alle digitalen Betriebsfunkgeräte auch noch den analogen Betriebsfunk bedienen. Haben Sie bereits ein analoges Betriebsfunknetz können Sie somit problemlos auch DMR-Geräte wie die Motorola DP/DM4000-Serie einsetzen.

Selektivruf im Digitalfunk?

Den bisherigen Selektivruf im 5-Ton Verfahren wie Sie ihn vielleicht kennen zum anpiepen“ Ihrer Funkgeräte braucht es im digitalen Betriebsfunk nicht mehr. Vergleichbar zu Mobiltelefonen, oder PC’s in einem Netzwerk, haben digitale Funkgeräte eine eigene, individuelle Nummer, die sogenannte „Radio-ID“. Diese RID wird bei jedem Sendevorgang als Absenderadresse mit ausgesendet. Zudem muss jede Aussendung einer Zieladresse zugeordnet sein, beispielsweise eine andere RID. Möchte z.B. die Zentrale mit RID 1 mit einem Fahrzeug mit RID 15 sprechen, wird RID 15 angewählt. Bei solch einer Verbindung sind dann nur die RID’s 1 und 15 miteinander Verbunden, ohne das andere Funkgeräte diese Verbindung mithören können. Zieladresse kann aber auch eine TGID sein (Talkgroup-ID). Die Zentrale sowie auch alle mobilen Funkgeräte können an eine TGID senden. Das entspricht dann dem, was Sie möglicher weise aus dem analogen Betriebsfunk kennen: Eine Talkgroup ist wie ein offener Kanal im analogen Betriebsfunk, wo alle Funkgeräte gleichberechtigt miteinander kommunizieren können.

Digitale Funkgeräte decken bei entsprechender Programmierung mit entsprechenden RID- und TGID-Adressplänen deutlich mehr Flexibilität ab, als mit bisherigen Selektiv- und Gruppenrufen möglich war. So können unterschiedliche Arbeitsbereiche sauber in unterschiedliche TGID’s getrennt werden. Beispielsweise Talkgroups für Produktionsstraßen 1-23, Laderampen 1-3, Sicherheitsdienst, Haustechnik. Alle diese Gruppen haben ihre eigene Talkgroup und können, wenn nötig, benachbarte Talkgroups (z.B. den Sicherheitsdienst) schalten.
Die Auswahl welche Gruppe empfangen und in welche Gruppe oder an welches Gerät gesendet werden soll, wird am Gerät über das Menue oder dem Kanalschalter gewählt.

Besonders erwähnenswert ist zudem die Multi-Button Option welche Motorola für seine 4000’er Serien anbietet. In bestimmten Sonderfällen ist es für Einsatzleiter sowie Schiedsrichter oder Rennleiter im Motorsport notwendig mehrere unterschiedliche Funkkreise zu bedienen, ohne permanent den Kanalschalter zu betätigen. Bislang brauchten solche Personen mehrere Funkgeräte. Mit der MOTOTRBO Multi-Button Option können mehrere Sendetasten an einem Funkgerät angeschlossen werden, wobei jeder Taste eine beliebige Zieladresse TGID oder RID zugewiesen ist.
Was sich zunächst nach einer kleinen Disponentenlösung mit mehreren Sprechtasten im Funktisch anhört, geht mit DP4000’er Handfunkgeräte auch portabel. Einige unserer Kunden setzen dieses für Rennleiter im Motorsport ein.

Kennungsaussendung?

Manche Betriebsfunknetze sind versicherungsrechtlich verpflichtet Absendernummern mit aus zu senden. Dieses geschah damals durch 5-Ton Selektivruf bei jedem Sendevorgang. Bei digitalem Betriebsfunk ist solch eine Kennungsaussendung bereits generell Enthalten. Es braucht dann an der Zentrale nur ein digitales Funkgerät mit LCD oder ein Disponentensysten, wo die Kennung der Gegenstelle dann zuverlässig angezeigt wird. Diese Kennungsaussendung ist unhörbar in den digitalen Datenpaketen enthalten, welche auch die Sprache übertragen.

Was ist sonst anders bei Digitalfunk?

Im analogen Betriebsfunk wurde noch die Sprache analog mittels Frequenzmodulation übermittelt. Dieses Verfahren hatte die Eigenschaft dass sie nicht beliebig in der Bandbreite reduziert werden kann ohne die Verständlichkeit massiv zu verschlechtern. Ebenso war die Übertragung bei größerer Entfernung zur Zentrale zunehmend verrauscht, was die Verständlichkeit spürbar einschränkte. Digitaler Betriebsfunk überträgt Datenpakete wahlweise als Einzelpakete nacheinander (TDMA bei DMR) oder als kontinuierlicher Stream (FDMA bei pDMR). Die Datenrate beträgt 9600Bd (TDMA 12,5kHz) bzw. 4800Bd (FDMA 6,25kHz) wobei die Daten FEC-Geschützt sind. Wo es bei analogem FM bereits anfing zu rauschen, funktioniert die FEC-Fehlerkorrektur so weit, das noch eine fehlerfreie Verständlichkeit gegeben ist. Im direkten Vergleich ist somit die nutzbare Reichweite des digitalen Betriebsfunkes größer als beim analogen Betriebsfunk.

Die digitale Übertragung hat dabei weitere Vorteile. Im Gegensatz zu analoger Übertragung sind digitale Übertragungen flexibler. Beispielsweise wird eine wirklich sichere Verschlüsselung stark vereinfacht und gehört bei den meisten digitalen Funkgeräten schon zur Grundausstattung. Ebenso können die Geräte auch andere digitale Daten übertragen. Beispielsweise verschlüsselte eCash-Verbindungen von Kartenbezahlsystemen zur Zentrale, Barcode von Handscannern, GPS-Ortung, beliebige IoT oder andere Sensordaten welche mittels USB oder Bluetooth an die Geräte übertragen werden. Ebenso können Texte und sogar eMails über digitalen Betriebsfunk übertragen werden. Die Sprachübermittlung könnte dabei fast zur Nebensache werden. Allerdings wird der Sprechfunk mit Digitalfunk eben nicht zum unwichtigen Beiwerk. Der verwendete Codec erkennt menschliche Sprachen auf Silben basierend. Er ist kompatibel mit allen Sprachen, sperrt Störgeräusche jedoch zuverlässig aus. Nutzen Sie moderne Digitalgeräte werden Sie niemals beim Gespräch Wind, Verkehrs-, Motoren- oder Maschinenlärm hören. Derartige Geräusche werden vom Codec zuverlässig ignoriert.

Weiterhin bietet die digitale Übertragungsform auch Möglichkeiten der digitalen Vernetzung. So wie die Sprache digital über Funk übertragen wird, kann man sie auch über IP-Netzwerke senden. Das ermöglicht es verschiedene Relaisstellen an unterschiedlichen Orten via IP-Netzwerke oder digitalen Richtfunkstrecken miteinander zu vernetzen. Haben Sie als Taxi- oder Kurierdienst den Anspruch eine ganze Großstadt mit ihrem Funknetz ab zu decken, brauchten sie damals im Analogfunk mehrere über Festnetz-Standleitungen oder Mobilfunk-Standleitungen angebundene Feststationen welche erhebliche Betriebskosten verursachten. Mit digitalem Betriebsfunk können Sie nun die Linkstrecken zwischen den Relaisstandorten und der Zentrale kostengünstig über Richtfunk oder über Internet sicherstellen.

Disponentensysteme

Während im analogen Betriebsfunk nur eine reine Sprechverbindung zwischen Zentrale und mobile Teilnehmer möglich war, bietet der digitale Betriebsfunk nun endlich richtige Disponentenlösungen. Die Verbindung der Feststation mit einem PC ermöglicht nicht nur das schreiben von Texten zu den Funkgeräten. Vielmehr sehen sie nun Ihre Fahrzeuge, wer seine Geräte eingeschaltet hat, welche Fahrzeuge gerade das Funkgerät abgeschaltet haben, oder ob einzelne Teilnehmer gerade außerhalb der Reichweite sind. Haben Sie mobile Funkgeräte die mit GPS-Ortung ausgestattet sind, können sie den Standort dieser Geräte mühelos auf einer Karte verfolgen. Abgerundet wird das ganze mit der Möglichkeit der Statusfunktion womit die Zentrale auf dem Monitor sofort sieht welche Arbeiter gerade zum Kunden fahren oder ob jemand pünktlich Pause macht. Ebenso lässt sich mit diesen Mitteln auch die Arbeitszeiterfassung optimieren.